Seit mein Vater mit einem Herzinfarkt ins Krankenhaus gebracht wurde, wollte ich einen Beruf im Gesundheitsbereich. Also probierte ich nach meinem Schulabschluss einige Bereiche aus. Meine endgültige Wahl fiel auf den Rettungsdienst.
Oft hörte ich dann Dinge wie: „Ich könnte das nicht, man sieht doch so viel Schlimmes“, „ Mutig, dass du dir das antust“ oder auch „die ganzen schlimmen Geschichten und dann noch die langen Schichten“.
Natürlich machte ich mir darum Gedanken, schließlich sollte einem vorher klar sein, worauf man sich einlässt. Zumindest so ungefähr. (Klar fieberte ich zunächst den spektakulären Einsätzen entgegen, denn Film und Fernsehen prägen das Bild. Ob man will oder nicht.)
Nach einiger Zeit in der Schule ging es dann das erste Mal auf die Rettungswache. Und ja, ich war verdammt aufgeregt.
„Wie läuft es denn in Echt ab?“, „Was kann ich alles falsch machen?“, „Bin ich wirklich bereit, kann ich die Basics?“ und „wie gehe ich am besten auf die Patienten zu und wo bin ich am wenigsten im Weg?“, waren ein paar der Fragen, die mich beschäftigten.
Die erste Unsicherheit nahmen mir die Kollegen beim Zeigen der Wache und Wagen, denn danach wusste ich wo was ist und wo ich am wenigsten im Weg bin.
Während des gemeinsamen Frühstücks erfuhr ich, dass 95% aller Einsätze Krankentransporte sind. Das heißt, wir fahren z.B. vom Seniorenheim ins KH oder andersrum.
Zum Glück war mein erster Einsatz dann kein Notfall sondern ein Krankentransport. Dadurch war ich weniger aufgeregt und konnte mehr auf Kleinigkeiten achten. Zum Beispiel, wie Patienten angesprochen werden können und meine Basics in Ruhe üben (Patientin wurde gefragt ob das ok ist). Der Einsatz dauerte ungefähr 60 Minuten.
Für mich war das ein angenehmeres Arbeiten, als z.B. im Krankenhaus. Ich konnte mich auf die Person vor mir konzentrieren, hatte ausreichend Zeit zum Erklären und auch selber lernen und Sicherheit zu gewinnen. Dabei ist es hilfreich genaue Abläufe im Kopf zu haben und anzuwenden. So wird im Idealfall nichts vergessen zu erfragen oder zu untersuchen. Ich war in der Zeit von der Teamarbeit beeindruckt. Die Aufgaben waren klar verteilt, die Priorität lag beim Patienten und hinterher konnte offen über Probleme oder auch Gutes gesprochen werden. Allen war klar, dass ich als Praktikantin da bin und entsprechend noch nicht alles konnte. Es wurde Wert auf den „Welpenschutz“ gelegt.
Zwischendrin lernte/übte ich wie die Trage oder der Tragestuhl in engste Wohnungen passt, ohne dass das Mobiliar darunter leidet. Wie man auf längeren Fahrten mit den Menschen im Gespräch bleibt und dass Kommunikation sehr wichtig ist. Außerdem wurde durch regelmäßige Materialkontrolle der RTW kennen gelernt und wir übten den Umgang mit der Schaufeltrage und dem Spineboard. Davon profitierte ich dann in den Notfällen ungemein.
Kleiner Zeitsprung:
Während meiner ersten Reanimation wurde der Zusammenhalt und die Bedeutung von Teamarbeit besonders deutlich. Aus einem Krampfanfall wurde eine laufende Reanimation. Gedanklich war ich eigentlich noch bei dem uns gemeldeten Einsatzstichwort und dadurch wohl etwas überrumpelt…
Mir wurde durch aktives Einbeziehen (ohne Überforderung) vom Rest des Teams geholfen. Im geschützten Rahmen durfte ich dann auch „drücken“ und machte laut NA meine Sache ziemlich gut.
Leider war es trotz guter Laienreanimation kein erfolgreicher Einsatz, aber mir sind eher die Umgebung und die lieben Kollegen im Kopf geblieben.
Es war natürlich eine anstrengende Zeit. Immerhin ging es direkt in die 12 Stunden-Schichten. Abends bin ich oft total kaputt gewesen und wollte nur noch schlafen.
In der Zeit habe ich allerdings unglaublich viel über mich und andere Menschen gelernt, was diesen Job besonders macht und ein Gegengewicht zu bestimmten Einsätzen und anderen Belastungen bildet.