Wir nehmen mich zu Beginn einfach mal als Beispiel. 27 Jahre jung, Berliner, verpartnert, Chorsänger, Hobbybäcker, stabiler Freundeskreis. Seit bald einem Jahr bin ich Arzt und stecke in der Weiterbildung zum Facharzt für Anästhesie, also zum Narkosearzt. Man könnte also aktuell zusammenfassen: läuft rund, sollte ausgelastet sein.
Doch ich fröne noch einem weiteren Hobby. Ich engagiere mich ehrenamtlich bei Deutschlands größter Hilfsorganisation. Ehrenamtlich bedeutet, dass ich für diese Arbeit kein Gehalt bekomme. Wenn ich donnerstags meine Klinik verlasse, fahre ich einmal durch die komplette Stadt und widme mich dem medizinischen Material unserer Bereitschaft, bilde Helfer aus und gestalte die Zukunft unserer Arbeit mit. Und auf ähnliche Art und Weise verbringen allein beim Roten Kreuz über 170.000 weitere Helferinnen und Helfer ihre Zeit.
Wir stellen dir einen warmen Schlafplatz zur Verfügung, wenn du wegen einer Bombenentschärfung vorübergehend dein Haus verlassen musst und bieten dir nach 24 Stunden Stromausfall wieder eine warme Mahlzeit an. Oft belächelt als „die Sanis“ sind wir aber auch am Rande von Konzerten, Fußballspielen, Partymeilen und Familienfesten für dich da. Wir kleben deinem Kind das Trostpflaster auf die Schürfwunde, halten dir den Brechbeutel nach dem einen Bier zu viel vor das Gesicht und reanimieren dich im schlimmsten Fall auch als Läufer beim Halbmarathon. Das Ganze machen wir neben unserem regulären Job her und stellen diese Arbeit gelegentlich über Freunde und Familie.
Unser Dilemma: Zum einen sind wir nicht gefeit vor den leider üblich gewordenen Anfeindungen seitens mancher Patienten und Umstehender. Auch das Bewusstsein für die ehrenamtliche Natur unserer Arbeit ist rar gesät. Zum anderen werden wir, im Gegensatz zu freiwilligen Feuerwehren und dem THW, nicht ausreichend öffentlich finanziert. Und vor dem Hintergrund unserer schlicht durch Versterben von Spendern schrumpfenden finanziellen Mittel ist unsere Zukunft ungewiss. Dieses Problem haben die meisten Hilfsorganisationen im Lande und dennoch ist unsere Arbeit oft unersetzlich. Großveranstaltungen in Berlin sind unserem Eindruck nach ohne zusätzliche Rettungswagen und Zeltstädte der Hilfsorganisationen kaum durchführbar, ohne die Regelversorgung zur gefährden.
Die Implikation muss also sein: gesicherte öffentliche Finanzierung, um neben Brandschutz und technischer Hilfe im Katastrophenfall auch die medizinische Versorgung sicherzustellen. Wir trainieren dafür hart und opfern viel Zeit. Darüber hinaus ist Ehrenamt für mich eines der fundamental wichtigen Prinzipien unserer Zivilgesellschaft und unerlässlich für den Zusammenhalt der Gesellschaft.
#Twankenhaus hat die richtige Zielsetzung und wir hoffen auch als im Ehrenamt medizinisch tätige Teil von euch zu werden.
Dieser Text wurde uns von Simon Link eingesandt. Wir danken Dir ganz herzlich für Dein Engagement!