#ÖAonDutyLive

17. Mai 2019

Lange habe ich mich mit dem Thema #Arbeitsbedingungen schwer getan und mir war nicht so klar warum eigentlich. Das Thema ist so multifaktoriell beeinflusst, dass ich dazu keinen prägnanten Tweet absondern kann. Also muss ein Blogbeitrag her. Here we go:

Als ich vor ca. 13 Jahren als Jungassistent in der gleichen Klinik wie heute startete, war es ein muckelig, kuschelig warmes, behütetes Aufwachsen und Großwerden als Arzt. Man wurde eingearbeitet und startete nach ca. 6 Monaten mit den ersten Bereitschaftsdiensten. Damals waren wir noch zu zweit im Dienst. Ein alter Hase und ein Küken. Die operative Weiterbildung war grandios, fähige Alt-OA‘s brachten uns Küken das A B C und das kleine Einmaleins des Operierens bei. Ich profitiere heute noch von dieser Schule! Die Stationsarbeit war auch damals schon viel, wer schreibt der bleibt, war eben schon immer Thema. Allerdings waren 3 Kollegen für 35 Patienten zuständig, die Patienten blieben länger als heutzutage im KH, insofern blieb mehr Zeit, die einzelnen Aufgaben zu erledigen.

In den letzten Jahren ist es zu einer immer höheren Arbeitsverdichtung gekommen. Durch reduzierte Liegezeiten, höheren Patientendurchsatz und extreme Zunahme der Ambulanzfrequentierung bleibt weniger Zeit, die zwingend erforderlichen Dokumentationsschritte durchzuführen. Als add on kommen neue Qualitätssicherungsvorschriften, gesetzliche Vorgaben bezüglich Entlassmanagement, Medikationsplänen und Co dazu. Wir Ärzte bewegen uns tagtäglich in einem Dokumentationswahn, dem kaum noch beizukommen ist. Eigentlich delegierbare Aufgaben, werden dem Bestandspersonal aufgehalst, da dies vermeintlich billiger ist, als neue Stellen zur Kodierung, Überprüfen/Erstellen der Medikationspläne und Co einzustellen. So bleibt von der täglichen Arbeitszeit immer weniger Zeit für die originär ärztlichen Aufgaben Patienten zu betreuen.
Die Assistenten im OP werden von studentischen Hilfskräften übernommen, die Weiterbildung leidet unter dem Zeitdruck. Wenn die Assistenzärzte dennoch selber operieren, bedeutet das, dass die „verlorene Zeit“ an die reguläre Arbeitszeit drangehangen wird. Papierkram, Briefschreibung etc fallen immer in die Zeit nach der Arbeit…. Überstunden dürfen nicht gemacht werden, also häufen sich Berge von Akten auf den ächzenden Schreibtischen an. In den Bereitschaftsdiensten wird durchgeackert, wenn die Kollegen in der Frühbesprechung die Augen noch offenhalten können ist das die Ausnahme.
Geregelte Pausenzeiten gibt es nicht. Neben der Dokumentationsarbeit schaufeln wir alle unser mitgebrachtes Essen oder die verhassten Merci in uns rein. Die Cafete haben wir seit Monaten nicht mehr von Innen gesehen.
Für uns Oberärzte sieht es kaum anders aus. Ich bin OÄ geworden, weil ich gerne weiterbilde. Ich kann das, was ich tue gut. Ich kann dem Assistenten mit 10 Daumen an 2 linken Händen operieren beibringen. Aber es fehlt tagtäglich Zeit, dies in Ruhe unter vernünftigen Bedingungen zu tun.

Ich bleibe bei meiner Kernaussage: Ich wollte nie etwas anderes tun oder sein, ich bin da, wo ich hingehöre. Aber die Arbeitsbedingungen werden schlechter, sind nicht mehr mit gesundem Arbeiten zu vereinbaren. Aus Druck entstehen nicht immer Diamanten, nicht selten macht uns die Arbeit krank an Körper und Seele.

Wir brauchen Zeit für unsere Patienten, wir brauchen Zeit um gesund zu bleiben, wir brauchen Zeit, um aus- und weiterzubilden.
Wir wollen arbeiten, wir wollen gute Medizin machen, wir wollen unseren Nachwuchs zu fähigen Ärzten ausbilden. Wir haben Bock auf Medizin also packen wir es an! Lasst uns Bedingungen schaffen unter den Arbeiten wieder Spaß macht, zu denen wir eine gute Betreuung unserer Patienten gewährleisten können, unter denen wir gut ausbilden können!

#WunschUndWirklichkeit

#Twankenhaus4change
#LasstUnsAufDenPutzHauen
#Arbeitsbedingungen

Dieser Text ist von unserer Unfallchirurgin im Team Twankenhaus @saftmoppel