Mein Weg als FSJlerin
Ich war als FSJlerin in einem kleinen Krankenhaus eingesetzt. Kurz nach dem Abi, mit dem Wunsch des Medizinstudiums im Hinterkopf. Ich wurde wunderbar im Team integriert und mir wurden sehr viele Dinge beigebracht, aber auch ich habe das Problem des Personalmangels deutlich zu spüren bekommen.
Ich hatte ein gutes Abi und hätte mit etwas Glück auch direkt studieren können. Als ich mich bewusst für das FSJ im Krankenhaus entschieden habe begegnete mir in meinem Umfeld sehr viel Unverständnis. Im FSJ würde man mich nur ausnutzen und es sei Zeitverschwendung. Heute bin ich sehr froh, nicht auf diese Menschen gehört zu haben. Ich wünsche mir, dass mehr junge Menschen die Chance nutzen, so wertvolle Erfahrungen durch ein FSJ sammeln zu können und es auch gesellschaftlich wieder mehr akzeptiert wird.
Wünsche und Extrawünsche gehen nicht immer
Ein FSJ muss keine alternative Zeitbeschäftigung sein. Ich hatte das Glück, die meiste Zeit meines FSJs, „zusätzlich“ zum Stammpersonal geplant worden zu sein. Ich hatte mehr Zeit, konnte auch mal ein paar Extrawünsche erfüllen, für Patienten zum Kiosk gehen oder mich eine halbe Stunde ans Bett setzen und einfach zuhören. Wir hatten sehr viele ältere Patienten, die nur wenig oder gar keinen Besuch bekommen haben. Für mich persönlich war es immer schön zu sehen, wenn ich gemerkt habe, dass meine Bemühungen den Patienten gut tun. Diese Zeit habe ich sehr genossen. Natürlich gab es auch Tage, an denen man nicht wusste, was man zuerst und zuletzt tun sollte. Durch Schwangerschaft, Krankheit und Kündigungen waren wir zeitweise sehr knapp besetzt.
An solchen Tagen fiel die Zeit fürs Zuhören oder für Extrawünsche weg und stattdessen ist man sich 8 Stunden die Füße wund gelaufen. Zu meinen Aufgaben gehörten auch Tätigkeiten wie Botengänge, Vitalzeichen messen und was auch immer gerade so anfiel. Ich war oft einfach das Mädchen für alles. Und wenn Zeit war, haben meine Kollegen versucht, mir so viel wie möglich beizubringen. Im Laufe des ersten halben Jahres habe ich gelernt, wie man Infusionen aufzieht, ein EKG schreibt oder Fäden zieht. Immer unter Anleitung un dgut erklärt.
So war das FSJ eine win-win-Situation für beide Seiten. Ich habe meine Kollegen so gut wie möglich entlastet und durfte im Gegenzug eine Menge lernen.
Vom FSJ in das Medizinstudium
Mittlerweile studiere ich Medizin und profitiere noch immer von den Erfahrungen aus dem FSJ und den Erklärungen und kleinen Tipps & Tricks meiner Kollegen. Ein Großteil meiner Kommilitonen musste in den Semesterferien ihr Pflegepraktikum ableisten und redet weniger positiv von dieser Zeit. Auch ich habe immer wieder Pflegepraktikanten bei uns kommen und gehen sehen. Viele Studierende haben von vorn herein keine Lust auf das Pflegepraktikum und sind eher unmotiviert. Das macht natürlich auf Station einen schlechten Eindruck. Bei uns hat das dazu geführt, dass niemand gewillt war, den Praktikanten das Leben leichter zu machen, ihnen was beizubringen oder sie auch mal mit den Ärzten mitlaufen zu lassen.
Wir brauchen Zusammenarbeit
Von einigen meiner Kommilitonen habe ich gehört,dass sie die gesamten drei Monate nur Essen ausgeteilt, geputzt und gewaschen haben. Das führt dann wieder dazu, dass das Pflegepraktikum bei den Studierenden noch unbeliebter wird. Was würde denn zum Beispiel dagegen sprechen, auch für das Pflegepraktikum Lernziele festzulegen? Man könnte die 3x 90 Tage sinnvoll zu nutzen, sodass alle davon profitieren: die Pflege,denen durch motiviertere und besser eingearbeitete Studierende wirklich ein wenig Arbeit abgenommen wird und die Studierenden, die durch die Erfahrungen der GuK so viel lernen könnten!
Natürlich kenne ich die andere Seite nicht, ich weiß nicht, inwiefern Pflegepraktikanten eine Belastung sind und Einarbeitung kostet auch Zeit. Die optimale Lösung habe ich nicht parat. Ich wünsche mir nur, dass dieser Kreislauf der gegenseitigen Abneigung durchbrochen wird. Denn im Endeffekt wollen alle nur das gleiche: eine gute Zusammenarbeit.
Dieser Text wurde uns von @zirkus_kind eingesandt. Wir danken Dir ganz herzlich für Dein Engagement!